China ist dabei, seinen extrem zunehmenden Energiehunger an den Ausbau der Erneuerbaren zu koppeln. In der Ära Hu Jin Tao gab es noch die Vorgabe, dass das Energiewachstum direkt mit dem Wachstum des GDP gekoppelt zu sein hat. Davon hat man sich 2015 aufgrund verschiedener Gründe, also z. B. geopolitscher, technologischer (Stichwort AI), sozialer, umwelttechnischer oder rein ökonomischer Sicht, verabschiedet.
Das heißt, neben dem Repowering der fossilen Kraftwerke wird der Anteil sukzessive durch Erneuerbare Energien ersetzt. Und das ist bei steigendem Energiebedarf in der Tat eine zusätzliche Herausforderung. Aktuell sind über 1,3 TW Solar- und Windkapazität in Planung.

Anfang des Jahres hat die Regierung ein Dokument herausgegeben, das es in sich hat: Es trägt den spröden Namen:
„Mitteilung über die Gewichtung der Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Strombereich bis 2025 und damit zusammenhängende Angelegenheiten“.

Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission – also das NDRC – und die Nationale Energiebehörde haben Ziele für den Verbrauch erneuerbarer Energien für den Zeitraum 2025-2026 in den einzelnen Regionen und den Industrien veröffentlicht. Das sind verbindliche Ziele für die Provinzen und die Schlüsselsektoren.
Neben der bereits bestehenden Aluminiumindustrie werden nun auch Stahl, Zement, Polysilizizium und neu eingerichtete Datenzentren an nationalen Knotenpunkten (z. B. Beijing, Shanghai, Guangdong) in dieses Schema eingereiht. Die Stahl-, Zement- und Polysiliziumindustrie muss zwischen 25,2 % und 70 % ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Neue Rechenzentren an nationalen Knotenpunkten müssen einen Anteil von 80 % erneuerbarer Energien am Stromverbrauch erreichen.
Der Anteil der Provinzen, die für den Verbrauch erneuerbarer Energien (ohne Wasserkraft!!!) ist unterschiedlich hoch:
Shanghai liegt bei 10,7 %
Chongqing bei 10,8 %.
Innere Mongolei, Jilin, Heilongjiang, Henan, Gansu, Qinghai und Ningxia, bei 30 % .
Die Einhaltung der Zielvorgaben wird auf der Grundlage des tatsächlichen physischen Verbrauchs in den einzelnen Provinzen beurteilt, ergänzt durch den Kauf von grünen Energiezertifikaten (GEC) aus anderen Regionen. Wobei ich anmerken muss, dass diese Zertifikate umstritten sind und man auch da Gesetzesnovellen erwarten kann. Wie zuvor erwähnt, sind die Zielvorgaben für 2025 verbindlich und müssen bis zum Ende des Jahres erfüllt werden, wobei keine Möglichkeit besteht, Fehlmengen auf 2026 zu übertragen.
Aber kann die CN-EE-Industrie das überhaupt wuppen? Bevor ich darauf eingehe, muss ich mal das oft und gerne zitierte „Solar-Dumping“ erklären.
Man meint damit, dass Module oder ganze Anlagen unter Wert angeboten werden. Das findet so nicht statt, mithin ist der Begriff zwar falsch, aber das ist jetzt nicht das Thema. Was gemeint ist, dass zT. billigste Module auf den Markt kommen – auch in China. Der Grund ist, dass es sehr unterschiedliche Technologien gibt, die auch seeehr unterschiedlich kosten. Ich habe die Technologien in meinem SNEC-Video kurz erklärt.

Diese Billiganbieter treten zwar in den realen Wettbewerb, sie brauchen gar nicht zu dumpen, denn sie sind tatsächlich so billig, aber im Sinne des technischen Fortschritts sind sie natürlich Gift. Die Endkunden interessiert nicht die Technologie, sondern nur der Preis und die Haltbarkeit. Eine Investition in z. B. eine BC- oder HJT-Anlage ist unfassbar teuer, sodass viele Hersteller an alter Technologie festhalten. Oder, wenn es ganz schlimm kommt, sogar in wirtschaftliche Schwierigkeiten treibt.
NUR, das steht im krassen Gegensatz zu den Industriezielen, DENN, um diese Ziele zu erreichen, braucht es DRINGEND neue Technologien. Deshalb hat Chinas Industrieminister Li Lecheng die 14 größten Solar-CEOs einbestellt und die Industrie aufgefordert – salopp gesagt – neue Technologien zu fördern und alte Zöpfe abzuschneiden.
Dazu zählt auch die oben genannte Polysilikon-Industrie, die nun auch die EE-Steuer aufgedrückt bekommt. Polysilizium wird in allen Solartechnologien verwendet – die Herstellung ist aber sehr energieintensiv. Polysilizium wird aber auch in der Al-BSF-Technologie (Aluminium Back Surface Field) verwendet, die in der Tat unglaublich billig ist. Was dann folgte, war, dass 10 Poly-Hersteller ihre Produktion um 30% gedrosselt haben. Noch am selben Tag stiegen die Aktien von Longi, Aiko, Tongwei usw. am Shanghai Stockmarket.
Was bedeutet das nun: Kurzfristig werden die Preise für Solar steigen. Wie kurz kurzfristig ist, wage ich nicht vorauszusagen.
Wichtig ist aber, dass mit den Profiten nun in neue Hightech-Anlagen wie BC, HJT und auch TOPCon investiert wird.
Noch wichtiger: Es wird wieder Geld für die Forschung frei, denn wir sind selbst bei den vorhandenen Hochtechnologien noch lange nicht am theoretischen Wirkungsgrad – der Shockley-Queisser-Grenze – von 33% bzw. am praktischen Limit von ca. 26-28% angekommen.
Und wenn dieses Ziel mal erreicht wird, stehen ganz neue Technologien wie Perowskit oder andere Tandem-Systeme in den Startlöchern, auf die aber noch seeeehr viel Forschungs-Geld geworfen werden muss, damit diese in der Real-Industrie ankommen.
Was bedeutet das für Deutschland bzw. Europa? Wenn ich in DE bin, freue ich mich einerseits, dass gerade im privaten Umfeld so viel installiert wird. Ich mein, die Steckersolar-Geschichte ist wirklich spektakulär. Was mich dann aber irritiert, ist, dass einige dieser Anlagen offensichtlich aus Polyzellen bestehen – also unterste Qualität und natürlich Preis sind. Diese Billigst-Anlagen werden aus dem Markt verschwinden. Ich bin mir sicher, auch Vietnam, Malaysia, Indien und Singapur werden dem chinesischen Beispiel folgen und Al-BSF beenden.
Mal abgesehen von diesen Kleinanlagen: Dieser zu erwartende Sprung in neue Technologien und die damit verbundene Industriepolitik werden für mehr Patente, effizientere Technologien und mittelfristig NOCH preiswertere Module aus China sorgen. Der Preis pro Watt wird sinken und damit gleichzeitig der wissenschaftlich-technische Fortschritt im Bereich Solar in China rasant ansteigen. Ich erspare mir jetzt hier, die Verbraucher, die Politik oder gar die Medien in DE zu belehren.
Nur einen Rat hätte ich: Die Solarindustrie und angewandte Solar-Forschung und -Technik in der EU bzw. DE sind weit abgeschlagen im Vergleich zu Asien – gleichzeitig ist die Grundlagenforschung in DE bzw. Europa immer noch TOP. Damit letzteres so bleibt, und man auf anderen Feldern wieder Anschluss bekommt, führt kein Weg an Kooperation und Informationsaustausch vorbei. Kommt nach China, besucht die Firmen, lotet Kooperationsmöglichkeiten aus, lasst koloniale Attitüden und die zivilisatorische Kränkung hinter euch und lernt von China.
Neuer Podcast – EEKolloquium & Umlauts Are Overestimated sind zu einem EE-Podcast verschmolzen.
- Es wird das Kolloquium weiterhin geben,
- Aber wir haben das Konzept dahin aufgebohrt, dass es auch INTERVIEWS oder EINZELVORTRÄGE geben wird.
- Wer auf dieser Plattform also Vorträge zu den EE und seinen Randbereichen wie öffentlichem Verkehr, Elektromobilität, Energiespeicher, CO₂-Senken usw. halten möchte, ist herzlich eingeladen, dies bei uns einzureichen.
Quellen:
https://youtu.be/rim27l8m8gY
https://guangfu.bjx.com.cn/news/20250709/1450251.shtml
https://asiabits-de.beehiiv.com/p/preiskrieg-stopp-solarindustrie
https://globalenergymonitor.org/report/chinas-solar-and-onshore-wind-capacity-reaches-new-heights-while-offshore-wind-shows-promise/